Smartwatch für Grundschüler:innen | Über Vertrauen und Kontrolle

Smartwatch Kinder

Erst waren es nur zwei Kinder in der 3. Klasse meiner 8-jährigen Tochter, die eine Smartwatch hatten, doch nach ein paar Wochen hatten bereits fünf Kinder die Uhren, die die Verständigung zwischen Eltern und Kindern verbessern soll – ist das alles nur ein Hype oder vielleicht doch eine sinnvolle Anschaffung?

Ich habe mit Kindern, Eltern und Lehrern über die smarten Uhren gesprochen und gemerkt, dass dies kein ganz einfaches und durchaus emotionales Thema ist. Wir haben die Klassenhoheit der Lehrer auf der einen Seite, die Erziehungshoheit der Eltern sowie den Auftrag, seine Kinder zu schützen, auf der anderen. Den Wunsch, den Kindern einen sicheren Start in die digitale Welt zu geben versus unserer Erfahrung aus Jugendzeiten, als unsere Eltern eben NICHT wussten, wo wir sind (und wir das genossen haben!).

Die Ausgangssituation: Großstadtdschungel

Ich lebe mit meiner Tochter in einer Stadt, und zwar so richtig. Sobald sie aus der Haustür tritt, lauern bereits die ersten Gefahren – 1 Meter nach vorne: eine Straße mit rücksichtlosen Autofahrern, die unter „Zone 30“ verstehen, dass man hier möglichst in unter 30 Sekunden durchbrettert. 20 Meter nach rechts die erste Kreuzung einer stark befahrenen Durchgangsstraße und die vermeintlich sichere Ampel findet sich erst 40 Meter weiter.
Meist werden Kinder ab der 3. Klasse selbstständiger. Der Wunsch, allein in oder von der Schule nach Hause zu gehen, wächst schnell, manchmal schneller als das Vertrauen der Eltern in die Kinder, all die Regeln rund um das Thema Straßenverkehr und Sicherheit gänzlich verinnerlicht zu haben. Fußballtraining, Wendokurs oder der Spielenachmittag beim Freund, alles Veranstaltungen, zu denen wir Eltern unsere Kinder bis dato immer begleitet haben. Schließlich wollte man sicher gehen, dass sie auch gut ankamen. Das bedeutete aber für mich oft, dass ich meine Arbeitszeit verkürzen oder zumindest unterbrechen musste. Ein bisschen mehr Zeit für michselbst wäre also generell auch nicht schlecht, doch wie kann man beides vereinbaren?

Eine mögliche Antwort hierauf könnten Smartwatches für Kinder sein. Es gibt sie in unterschiedlichen Ausführungen und Farben. Wir haben uns beispielhaft die XPLORA X5 Play angesehen und getestet.

Mehr Freiheiten für beide Seiten

Meine Tochter geht alleine oder mit ihrer Freundin zur Schule und kommt gelegentlich auch alleine nach Hause. Über das Tracking kann ich eine Sicherheitszone eingeben (in unserem Fall die Schule) und werde darüber benachrichtigt, wenn sie diese erreicht oder verlässt. Ein Zeichen für mich, dass alles in Ordnung ist. Wer den „Weg“ verfolgen möchte, der kann diesen über das GPS-Tracking genau nachverfolgen – und zwar auf 15 Meter genau! Woher ist das so genau weiß? Ich kann sogar sehen, wenn meine Tochter nicht im Klassenzimmer sitzt, sondern Pause hat und auf dem Schulhof ist. Nicht, dass ich ständig auf meine Eltern-App schauen würde…

Und genau hier habe ich gemerkt, wie verlockend das GPS-Tracking ist! In den ersten zwei Wochen fand ich es noch spannend, zu schauen, wo sie sich aufhält, aber bereits nach kürzester Zeit hat die Uhr geschafft, was sie sollte – mir Sicherheit zu geben, dass meine Tochter den Weg auch alleine schafft. Dafür hätte es vielleicht keine Uhr benötigt, jedoch war das eine gute Möglichkeit, schnell Vertrauen auf beiden Seiten aufzubauen.
Eine Freundin empfand das Tracking jedoch als „Eingriff in die Freiheit der Kinder“. Schließlich haben wir uns früher verabredet und waren unterwegs, ohne, dass unsere Eltern jeden Schritt verfolgen konnten. Und sie hat recht! Damals war es in der Tat so, dass Kinder öfter aus dem „Blickfeld“ der Eltern waren – und auch das war eine gute Übung in Sachen Vertrauen und Selbstständigkeit und sprächen wir über Teenager, würde ich ihr rechtgeben! (Wobei meine Meinung dazu ist, dass es manchmal gerade bei Teenagern Sinn machen würde, ein solches GPS-Tracking zu haben!).

Fotos, Videos und Chat: „Wann kommst du heute nach Hause?“ oder „IHDGDL“

Neben der Tracking-Funktion soll die Uhr auch einen ersten Schritt in die verantwortliche Nutzung von digitalen Medien darstellen. Sie verfügt über eine Kamera, mit der Kinder Fotos und kurze Videos machen können. Diese Funktion war jedoch nur die ersten drei Wochen interessant und wurde dann von meiner Tochter nicht mehr genutzt.

Was wir jedoch häufig nutzen, ist die Chat-Funktion. Das Handy geht dafür nicht den Umweg über das Internet und die Chat-Funktion ist seitens der Kinder auch begrenzt. Eine geniale Idee!
Die Kinder können den (ausgewählten) Kontakten über ihre Uhr vorgefertigte Nachrichten schicken, wie z.B. „Ich komme etwas später“, „Alles in Ordnung“ oder „Ruf mich bitte an“. Mehr braucht es fast nicht. Wollen die Kinder z.B. fragen, ob sie länger beim Freund spielen können, rufen sie einfach an oder schicken eine kurze Sprachnachricht. Witzigerweise schickt meine Tochter mir lieber Sprachnachrichten und so können wir schnell klären, wenn sich etwas im Ablauf ändert.
So kann ich ihr z.B. auch schreiben, wenn ich sie etwas später abhole.

Für alle Eltern, die flexibel sein wollen oder müssen – eine geniale Erfindung!
Freunde von uns, bei denen die Eltern länger arbeiten müssen und die Tochter alleine nach Hause geht, ist es zusätzlich eine Sicherheit, dass sie gut Zuhause angekommen ist.

„Keine Smartwatches im Unterricht!“

Neben den Kindern und den Eltern gibt es aber noch weitere Personengruppen, die beim Kauf, oder besser im Umgang mit einer Smartwatch bedacht werden müssen: Lehrer und Personal in der Nachmittagsbetreuung!

Nehmen wir zunächst die Nachmittagsbetreuung. Meine Tochter meldet sich bei mir nur, wenn sie Pause hat oder die Schule zu Ende ist. Hätte ich das Gefühl, sie würde die Smartwatch auch während des Unterrichts nutzen, könnte ich die XPLORA X5 auch in den „Schulmodus“ stellen – kein Anruf oder Nachricht gehen rein oder raus. Nur der SOS-Call funktioniert. Wir brauchen den Schulmodus nicht, aber fragt man Lehrer, so sollte es für manche Eltern einen SOS-Button geben. Und in der Tat wurden mir unglaubliche Geschichten erzählt von Eltern, die ihre Kinder wissentlich während des Unterrichts anriefen oder ihnen Nachrichten schickten. Nicht nur lenkt es nicht nur das eigene Kind vom Unterricht ab, sondern die ganze Klasse – einschließlich der Lehrer, die einen solchen Umgang mit der Smartwatch nicht amüsant finden. Eine Lehrerin (4. Klasse), mit der ich gesprochen habe, erzählte mir, dass sie am Anfang des Unterrichts die Kinder bittet, die Uhren in den Schulranzen zu legen und erst wieder rauszuholen, wenn der Unterricht des Tages abgeschlossen ist.

Aber das sind wohl eher Ausnahmen und zeigen, dass eben nicht nur die Kinder den verantwortungsvollen Umgang mit Smartwatches lernen müssen, sondern auch manche Eltern…

 

Mehr Bewegung durch die Smartwatch

XPLORA möchte den Einstieg in die digitale Kommunikation mit einer durchdachten Smartwatch fördern und aufgrund der (eingeschränkten) Funktionen (keine Spiele, kein Internetzugang), muss ich sagen, dass sie wirklich sinnvoll eingesetzt werden kann.

Es gibt aber noch eine weitere Funktion, die Kinder UND Eltern auf Trab hält: der Schrittzähler! XPLORA möchte gesunde Gewohnheiten schaffen und die Bewegung von Kindern fördern. Jeder Schritt, den Kind und Eltern (bzw. App-Besitzer) machen, zählt! Und das spornt an! Je mehr sich das Kind bewegt, umso mehr Schritte kommen zusammen und diese Schritte kann man auf der #GoPlay-Plattform in Coins umtauschen. Diese wiederum können z.B. gespendet werden, oder die Kids können sie für ein Spiel einsetzen. Ein toller Ansporn für beide Seiten, sich mehr zu bewegen!

Mein Fazit

Smartwatches eigenen sich für Kinder, die selbstständiger werden möchten. Sie eignen sich aber auch für Eltern, die gerne ein Auge auf ihre Kinder haben und etwas mehr Unterstützung in Punkto Sicherheit benötigen. Vom Alter her würde ich die Uhr ab der 3. Klasse empfehlen. Mit 8/9 Jahren können die Kinder bereits verantwortungsvoll damit umgehen und machen so den ersten Schritt in Richtung Mobiltelefon, welches oft mit dem Wechsel von der Grundschule zur weiterführenden Schule verbunden ist.

Smartwatches eigenen sich nicht für Eltern, die die Uhr dazu nutzen möchten, immer und überall mit ihrem Kind in Kontakt zu treten oder Eltern von jüngeren Kindern, die selbst noch nicht verantwortungsvoll mit der Uhr umgehen können und für die die Uhr evtl. auch noch etwas zu groß sein könnte.

Achtung: Wer mit dem Gedanken spielt, eine Smartwatch für das Kind anzuschaffen, sollte sich unbedingt mit dem Thema (Daten-)Sicherheit auseinander setzen. Mir war wichtig, dass das „Handy“/die Smartwatch absolut sicher ist, d.h. niemand kann auf das Handy zugreifen und meine Tochter kann nicht ins Internet. Kontakte können in unserem Fall nur über die Eltern-App zur Uhr hinzugefügt werden. Das bedeutet, dass meine Tochter mit niemandem telefonieren oder Nachrichten schreiben kann, der nicht in der Kontaktliste steht.

Christine Heitzig
Christine ist Mama eines achtjährigen Mädchens und führt in Düsseldorf ihre eigene PR Agentur. Mit Christine kann man wunderbar wild zu Dinosaurier Hardrock tanzen und genauso gut nachts über Gott und die Welt sinnieren. Für uns hat sie übrigens auch Noord Holland unter die Lupe genommen, sich mit dem Thema Freizeitparks auseinandergesetzt und dem Cirque du Soleil einen Besuch abgestattet.

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