Gründer Mami | Peggy Wahrlich | COWOKI #KÖLN
Unser nächster Mami Talk steht vor der Tür und findet am 16.11. ab 10 Uhr im Co-Working Space COWOKI in Köln statt. Das COWOKI bietet Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder in einer Betreuung abzugeben, während sie arbeiten. Hinter dieser großartigen Idee steckt Peggy Wahrlich, Mutter von zwei Töchtern, eigentlich gelernte Dekorateurin und Requisiteurin. Ich habe Peggy vor einem halben Jahr über eine Freundin kennengelernt und war sofort begeistert von dem tollen Konzept des COWOKI. Wie es dazu kam? Ich habe Peggy besucht und sie gefragt:
Liebe Peggy, erzähl doch vielleicht erstmal wer du bist und ein bisschen was über deinen beruflichen Werdegang…
Ich bin 42 Jahre alt. Meine Töchter sind heute 17 und 9 Jahre und wundervolle Persönlichkeiten. Ich habe eine Ausbildung zur Dekorateurin gemacht, mein Abitur auf dem 2. Bildungsweg nachgeholt und nie Innenarchitektur studiert, was ich eigentlich wollte. Aus verschiedenen Gründen ist es dazu nicht gekommen und deshalb habe mich als Requisiteurin selbstständig gemacht. Mit 25 Jahren habe ich im Vergleich zu meinen Freundinnen recht früh meine erste Tochter geboren und bin seither mit dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt. Vielleicht auch deshalb, weil mir die Vorraussetzungen damals wie auch sieben Jahre später mit meiner zweiten Tochter nicht ideal erschienen.
Wie hast du dich verändert seitdem du Mutter bist?
Ich stelle einen höheren Anspruch an mich selbst. In der Vorbildfunktion für meine Töchter fordere ich mich selbst mehr heraus, als ich es vielleicht ohne Kinder getan hätte. Gleichzeitig lerne ich Gelassenheit und das Akzeptieren von Gegebenheiten, die ich nicht ändern kann. Ich lerne immer noch viel über den Wert von Familie und die Mitgestaltungsmöglichkeiten jedes Einzelnen im Gefüge. Meine Rolle als Mutter scheint mir erst jetzt gefestigt, da ich nun weiß, was ich vor ein paar Jahren einfach noch nicht wusste. Ein gewisses Urwissen ist ja in uns angelegt, was vielleicht durch Verunsicherung nicht zur Anwendung findet. An dieser Stelle empfehle ich Nicola Schmidt und Ihr Projekt „artgerecht“. Wir müssen mehr zusammenrücken und uns unterstützen, weil z.B. Großeltern nicht mehr in der Nähe wohnen.
„Dass die heutigen Wünsche junger Eltern den gesellschaftlichen Strukturen viel weiter voraus sind, ist ein Zeichen dafür, dass hier etwas gehörig verschlafen wurde.“
Peggy, du kämpfst für Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Immer noch eines der wichtigsten Themen der Zukunft. Wie lässt sich in deinen Augen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern?
Dieses Thema ist wichtiger denn je! Die vermeintliche Gleichberechtigung wird durch gesellschaftlich, politisch und gesetzlich geprägte „Altlasten“ ausgebremst.
Dass die heutigen Wünsche junger Eltern, den gesellschaftlichen Strukturen viel weiter voraus sind, ist ein Zeichen dafür, dass hier etwas gehörig verschlafen wurde. Es braucht noch mehr Selbstverständlichkeit, das sich Väter Elternzeit über die derzeit klassischen 2 Monate hinaus nehmen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
Eltern brauchen die freie Wahl, wer wann zu Hause beim Kind bleibt, was sich nicht an der Höhe des Einkommens des Partners/in orientieren sollte!
Eine flexiblere Kinderbetreuung, würde eine gerechtere Aufteilung unter Partnern ermöglichen, gleichermaßen für Kinder, Job, Haushalt und Freizeit zuständig zu sein. Auch das Unterhaltsgesetz ist nicht zu fassen, wenn man sich mal vor Augen führt, was das für Alleinerziehende bedeutet, sollte der/die Unterhaltspflichtige nicht zahlen… hier ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur unter der totalen Aufopferung möglich.
Deine Töchter sind mittlerweile groß. Aber wie erging es dir mit der Vereinbarkeit?
Ich spreche auch gerne von dem berühmten Spagat, der mir in jüngeren Jahren leichter gefallen ist :))
Das hängt aber sehr individuell damit zusammen wie man sich im Leben einrichtet. Ich wollte arbeiten und gleichzeitig die beste Kinderbetreuung fürs Kind. Das bedeutete ein Inkaufnehmen kürzerer Betreuungszeiten, der Qualität wegen im Vergleich zu anderen Betreuungseinrichtungen. Somit war ich nachmittags auf zusätzliche Absprachen und Unterstützung angewiesen, die mit Großeltern, dem ebenso selbstständigen Ex-Partner, oder befreundeten Familien getroffen wurden. Das hat viel Unruhe mit sich gebracht und das war auch beim zweiten Kind nicht viel anders. Hier bin ich einfach mehr zuhause geblieben, was allerdings eine große Unzufriedenheit in mir ausgelöst hat.
Und dann kam der entscheidende Moment….
Ja diese Unzufriedenheit hat, wie so oft im Leben, eine Wende gebracht.
1. die Erkenntnis, dass ich in meiner Branche auf Teilzeitniveau nicht weiter komme und mir dort auch der Sinn abhanden gekommen war,
2. die Stolpersteine auf dem Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben mich genügend in Rage gebracht, dass ich unbedingt eine Lösung wollte, die heute COWOKI heißt 🙂
Mit Melanie, meiner Geschäftspartnerin, kam das große Glück hinzu, eine wirklich herzliche, kreative und kluge Frau an meiner Seite gewonnen zu haben. Mit Ihr hat sich Cowoki schneller entwickeln können. Ich bin auf ewig dankbar, dass wir so gut zusammen arbeiten können.
Seit März 2017 ist das COWOKI eröffnet. An wen richtet sich das Konzept und was war dir bei der Umsetzung wichtig?
Mir war besonders wichtig, dass es sowohl Männer als auch Frauen anspricht. Wie oft habe ich den Satz nach der Vorstellung meines Konzeptes gehört: „Ach, das ist ja toll! Da können die Mütter mit Ihren Kindern….. „Nein! Auch Väter können und wollen vor allem auch mit Ihren Kindern mehr Vereinbarkeit leben.
Paare die sich für genau dieses Modell, der gerechten Aufteilung, entscheiden sind bei Cowoki richtig. Gleichermaßen auch Paare die sich einig darin sind, es klassisch zu regeln, als auch Angestellte die Ihren Chef überzeugen konnten einen kinderfreundlichen Arbeitsplatz zu finanzieren. Vor allem Selbstständige und Freelancer lieben die Flexibilität und den Austausch untereinander. Natürlich sind auch Menschen ohne Kinder willkommen! Die Mischung machts 🙂 und garantiert, dass man außer auf Gleichgesinnte auch auf andere Lebens- und Arbeitsmodelle trifft.
Ein weiteres Problem ist die Kinderbetreuung. Wie stehst Du zu dem Thema und welche Option(en) bietest Du Müttern & Vätern mit dem COWOKI?
Es ist wirklich zum verzweifeln, dass Eltern keine Lobby haben. Wir sollten mehr aufschreien. Es ist oft entweder sehr kostspielig oder qualitativ ein Kompromiss. Wir Eltern nehmen es einfach in Kauf, weil wir in der Rush Hour des Lebens noch weitere Bälle in der Luft halten müssen und einfach nur froh sind, wenn wir einen Betreuungsplatz gefunden haben. Ein Dilemma, dem sich Cowoki auch nicht entziehen kann. Zwar richten sich unsere Betreuungskosten nach den einkommensabhängigen Beiträgen der Stadt und liegen somit weit unter den privaten Betreuungskosten, aber dennoch ist es in Kombination mit dem gemieteten Arbeitsplatz eine finanzielle Hausnummer, für die man sich entscheiden muss.
Der Vorteil von Cowoki liegt in erster Linie darin, dass die Bring- und Abholzeiten und lange Wege quasi wegfallen, da die Eltern in unmittelbarer Nähe sind ( was bei der Eingewöhnung und auch sonstigen Ausnahmefällen hilfreich ist). Die wirklich gut vorbereitete Arbeitsumgebung, die kaum Ablenkung ( wie oft zuhause) bietet, macht konzentriertes Arbeiten möglich. Der Austausch in der Community durch monatliche Netzwerktreffen oder gemeinsames Mittagessen wird auch sehr als Bereicherung betrachtet. Damit ist die berufliche Inspiration und Hilfe untereinander gegeben. Das macht wirklich Spaß!!
Hast Du einen Tipp für alle Kölner Mamis? Gibt es was, wo du mit deinen Töchtern besonders gern hingehst?
Was wäre Köln ohne den Rhein 🙂 ein unaufgeregter Ausflug an die „Kölsche Riviera „ in Rodenkirchen und dort Steine ins Wasser werfen oder in der Abenddämmerung grillen, fanden meine Kinder immer großartig. Woran ich selbst bis heute Spaß habe sind Kindertheaterbesuche (Casamax und Kölner Künstlertheater waren unserer Favoriten). Mittlerweile ist das Angebot für unter 3 Jährige vielfältiger als vor 17 Jahren. Die Besuche sind immer wieder zauberhaft!
Wenn du dir etwas für alle Mamas wünschen könntest. Was wäre das?
Mehr Verständnis dafür, dass sie einfach mehr wollen, als vielleicht die Mütter vor uns. Die Vereinbarkeit verlangt allen etwas ab. Dem gesellschaftlichen Umfeld, dem Partner, der Politik, dem Arbeitgeber aber auch uns Müttern – die sich erst durchsetzen und überzeugen müssen.
Denn Achtung! Niemand will irgendjemanden etwas wegnehmen. Wir wollen einfach nur die Hälfte. Das ist doch nur gerecht, oder? Und dafür müssen wir uns eben anhören, dass wir laut, fordernd, zickig oder unzufrieden sind ! Ja, das sind wir und dürfen wir!
Ganz lieben Dank, Peggy! Wir freuen uns schon jetzt auf unseren Mami Talk bei Euch am 16.11.!
Sehr gerne, liebe Sabine!I ch möchte unbedingt zum Schluss erwähnen, wie gerne ich mich zu meiner Zeit deiner Plattform „MamiConnection“ angeschlossen hätte. Genau das ist es, was es braucht, mehr Austausch, Unterstützung, Verständnis untereinander.
Danke für Deine tolle Arbeit, die jetzt schon von Erfolg gezeichnet ist.
Herzliche Grüße Peggy