Abgelehnt | Über die Schulplatzvergabe- Tombola in deutschen Großstädten

Von Published On: 8. April 2022Kategorien: Familie, Gesellschaft0 Kommentare

Gerade erst wurden die Bescheide an die Kinder geschickt, die nach den Sommerferien an die weiterführenden Schulen gehen sollen. Viele dieser Kinder sind der „Schulplatz-Ziehung“ zum Opfer gefallen. Auch der Sohn meiner guten Freundin Merlind ist an keinem einzigen Gymnasium angenommen worden und steht kurz nach seinem 10 Geburtstag auf dreistelligen Wartelistenplätzen. Was diese Ungewissheit und das Bangen um einen Platz mit Merlind und ihrer Familie macht und was sie anderen Betroffenen rät, erzählt sie uns im Interview:

Liebe Merlind! Magst du euch kurz vorstellen?

Mein Name ist Merlind Swyter, ich bin Mutter von 2 Söhnen Finn (10 Jahre) und Nick (5 Jahre) und wohne in Köln Ehrenfeld. Wir sind Opfer der Schulplatz-Tombola für die Plätze an weiterführenden Schulen, die aktuell ganz Köln beschäftigt. Wir haben unseren Sohn bei drei verschiedenen Schulen in der Umgebung angemeldet und haben von allen Schulen Absagen erhalten und Wartelistenplätze im hunderter Bereich. D.h. wir stehen aktuellen ohne Schulplatz da und müssen bangen in einer zweiten Losrunde ab dem 30.3. noch irgendeinen Restplatz irgendwo in Köln zu ergattern.

 

unglaublich, dass sowas hier in köln passiert, oder?

Naja – Seit Jahren herrscht in Köln Schulplatzmangel. In diesem Jahr hat die Stadt 1000 Gesamtschulplätze zu wenig und an Gymnasien fehlen 450 reguläre Schulplätze, was ja total überraschend kommt, weil in Köln die Viertklässler ja vom Himmel fallen. Das diesjährige Auswahlsystem hat aber dem Ganzen die Krone aufgesetzt: Durch eine Massenverlosung, bei welcher die Kinder gegeneinander um viel zu wenig Plätze antreten. Viele gehen als Mehrfachabgelehnte aus dem Verfahren hervor.

 

Und wie geht es Finn damit?

Finn sieht natürlich nicht das Verwaltungschaos oder das Verhältnis von Schulplätzen zu Anmeldungen, für ihn sind es drei Ablehnungsschreiben und das Gefühl versagt zu haben. Er ist immer gerne zur Schule gegangen, nun geht er mit Bauchschmerzen hin, weil er auf Freunde trifft die einen Platz haben und er zu den Abgelehnten gehört. Auch die Kinder die einen Platz haben, können sich teilweise nicht freuen, weil sie sehen wie traurig ihre Freunde sind.

 

Was macht das mit euch als Familie?

Wir sind traurig, frustriert, verzweifelt und wütend auf das System. Ein System, welches sehenden Auges in die Katastrophe gesteuert wurde. Seit Jahren gibt es zu wenig Schulplätze in Köln. Kriterien wie Wohnortnähe, Freundschaften, bewusste Entscheidungen für Schulen und ihre Konzepte, Freundschaften, Empfehlungen von Grundschulen und auch Leistungen sind komplett hinfällig, wenn nachher nur noch ein Los über die Plätze entscheidet. Wir fühlen uns ziemlich allein gelassen. Es gibt keine Ansprechpartner. Jeder gibt dem anderen die Schuld und es gibt kein erkennbares Konzept wie wir mit der Lage umgehen können. So wurde z.B. auch mitten im Verfahren das System geändert.

 

Klingt nach einem ziemlichen Durcheinander. Könnt ihr dennoch irgendwas unternehmen?

Das blöde ist, dass wir aktiv für Finn gerade nichts tun können, außer abwarten und hoffen. Und das geht ja nicht nur uns so. Jeder steht erstmal alleine da mit seiner eigenen und der Verzweiflung seines Kindes und mit der Hoffnung, dass irgendwie doch noch alles gut wird. Und mit dieser Hoffnung gehen wir in die zweite Runde der Verlosung und geben unser Bestes, um auch den Kindern gegenüber nicht die gute Laune zu verlieren.

Als Gruppe von Eltern und Kindern haben wir uns zusammen geschlossen, um auf die Zustände aufmerksam zu machen, durch Aktivierung der Presse, Briefe an relevante Stellen und auch eine geplante Demonstration am Montag 28.4.2022 auf dem Alter Markt in Köln.

Wer gerne dabei sein möchte, ist herzlich willkommen Solidarität zu zeigen und gemeinsam mit uns und anderen Gleichgesinnten von 14 – 16 Uhr dort zu sein. Denn eins ist klar, nur gemeinsam können wir das System für zukünftige Generationen ändern.

 

Danke, Merlind. Was für schöne und Mut machende Abschlussworte! Ich drücke fest die Daumen!

Sabine Gärtner
Mama-Sein ist für mich eine unglaubliche Bereicherung. Aufregend und wunderschön zugleich! MamiConnection soll für Mütter sein, denen es ganz genau so geht und die auf der Suche nach Gleichgesinnten sind. Ich habe Marketing und Kommunikation studiert und anschließend bei einem Label von Sony Music sowie bei einer Live-Marketing Agentur gearbeitet. Seit der Geburt meines Sohnes blogge ich über unsere Reisen und über das Leben mit Kind. Ich arbeite als Dozentin an einer Akademie und bin in Teilzeit als Marketing Managerin tätig. Mit meinem Sohn (6) lebe ich in Köln. Ich bin gern zuhause, reise aber mindestens genau so gerne. Ich bin ein Kind der Achtziger. Neben einer Leidenschaft für Musik habe ich eine Schwäche für gutes Lakritz. Wasser ist mein Element (schwimmen, surfen, tauchen). Besonders auftanken lässt mich die Ruhe und Weitsicht am Meer - hier fühle ich mich richtig frei. Ich bin ein Sommer-Kind, liebe aber ebenso die besinnliche und gemütliche Weihnachtszeit. Mit Yoga kann ich den Herausforderungen des Alltags ein Stück weit entfliehen und den Moment in vollen Zügen genießen.

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