Wie stärke ich die Eltern-Kind-Bindung? | 10 goldene Regeln für eine innige Verbindung

Von Published On: 16. März 2022Kategorien: Familie, Gastbeitrag0 Kommentare

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Ob Großfamilie mit fünf Geschwistern oder 2-Personen-Haushalt mit alleinerziehender Mama und einem Kind – weniger Personen heißt nicht, dass man weniger Familie ist. Familie folgt keinem Modell, Familie ist vielmehr ein Gefühl. Eins von Geborgenheit. Sie ist der Hafen, den wir für immer ansteuern können. Der Ort, an dem keine Insta-perfect- Fassade nötig ist, weil einen hier sowieso jede*r wirklich kennt. Hier müssen wir uns nicht verstellen, um zu gefallen oder irgendjemanden zu beeindrucken. Nicht mal Gefühlsausbrüche von angeknipster Freude, Trauer oder Wut müssen hier gedrosselt werden, weil der sichere Hafen auch dann keine Tore hochfährt. Weil auch der größte Wutanfall hier aufgefangen wird und der Liebe keinen Abbruch tut.

In der Familie da darf man so sein, wie man ist. Hier hört man keine Sätze, wie: „Warum kannst du nicht mehr sein, wie xyz?“, „Du hast das Reden auch nicht erfunden.“, „Du bist zu leise/laut/wild…“ oder „Stell dich nicht so an.“ Familie, das ist der Ort, an dem du einfach so sein darfst, wie du bist und man dich genau dafür liebt.Ich befürchte, viele von uns hatten das nicht. Viele vorherige Generationen haben ihre Kinder auch oft noch anders „erzogen“. Oft war auch das, was die Leistungsgesellschaft gesagt oder erwartet hat zu wichtig. Man hatte eine irrationale Angst davor, Kinder mit „zu viel Liebe“ zu verwöhnen und zu „verziehen“.Diese Befürchtung steckt so tief, dass wir sie bewusst ablegen sollten, um den Circle der vorherigen Generationen zu brechen. Ob man nun eine tolle Familie hat und dieses Hafen-Gefühl kennt oder nicht – ich denke, was wir alle gemeinsam haben, ist, dass wir es uns für unsere eigenen Kinder unbedingt wünschen. Unabdinglich dafür ist eine starke Bindung zu unseren Kindern. Ein Umfeld in dem sie sich angenommen, geliebt und geschützt fühlen. Und weil es nicht schadet, sich die Wichtigkeit dieser Verbindung immer wieder bewusst vor Augen zu führen, haben wir hier 10 goldene Regeln für euch zusammen gefasst, wie ihr die Bindung zu eurem Kind (und eigentlich jedem Menschen) stärken könnt:

 

 

1. Das Wichtigste gleich zuerst: Du kannst dein Kind nicht mit zu viel Liebe verwöhnen!

Also leg diese „Angst“ bitte ab. Sicherlich kann man zu klettig sein, aber niemand entwickelt sich negativ, weil er/sie zu viel geliebt wird. Deswegen unbedingt weghören oder besser noch aufklären, wenn ihr Sätze hört, wie: „Du trägst/tröstest/ liebst dein Kind zu viel.“ – Was für ein Quatsch!

2. Passenderweise lässt sich daran direkt anschließen: Hör mehr auf dich und dein Kind, als auf das, was andere sagen. 


Ist doch völlig egal, was Karen denkt oder ob sie meint, dein Kind tanze dir auf der Nase herum. Solange es noch tanzt, ist es scheinbar schon mal glücklicher unterwegs, als sie. Jedes Kind ist anders, keiner hat eine Generallösung für alles und am Ende zählt, was für dich und dein Kind, bzw. eure Familie klappt. Lasst euch nicht von Fremden verunsichern.

3. Schenke deinem Kind regelmäßig ungeteilte Aufmerksamkeit. 

Das heißt spiele oder lese oder tobe mit deinem Kind und sei dabei voll und ganz dabei, ohne zum Beispiel zwischendurch auf das Handy zu schauen. Natürlich geht das nicht immer, aber vielleicht planst du es fest in euren Tagesablauf ein. Auch wenn es mal nur eine Stunde sein kann. Glaub mir, es verbindet so sehr und man kann es sich vorstellen, wie einen emotionalen Akku, den man regelmäßig aufladen muss. Im Anschluss merkt man auch oft, dass Kinder dann auch mehr und mehr in der Lage sind, sich auch mal selber zu beschäftigen. Weil sie sich vorher gesehen gefühlt haben, Liebe und Aufmerksamkeit bekommen haben und ihr emotionaler Akku eben aufgeladen ist.
 

4. Lüge dein Kind nicht an.

Das ist eine Vertrauensfrage und wie die anderen Punkte auch etwas, was eine langfristige Wirkung hat. Vertrauen ist das A und O einer jeden zwischenmenschlichen Bindung. Dabei verhält es sich mit dem Vertrauen ähnlich wie mit dem Baum in Eugen Roth’s Vers: „Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk‘ es, ein Jahrhundert.“ Soll heißen – einmal angeknackstes oder gar zerstörtes Vertrauen ist sehr schwierig wieder herzustellen.
 

5. Knüpfe deine Liebe nicht an bestimmte erwünschte Verhaltensweisen oder Bedingungen. 

Wenn man als Kind quasi erlernt, dass man nur geliebt wird, wenn man brav ist, gute Noten schreibt und sein Zimmer aufräumt, dann brennt sich das leider ein. Es entsteht ein Gefühl von „Ich bin nicht genug“ oder „Ich werde nicht um meiner Selbst geliebt“. Die Eltern-Kind-Beziehung wird dadurch sehr belastet.
 

6. Kuscheln!

Es hat schon seinen Grund, dass das Hormon Oxytocin auch als „Kuschelhormon“ bezeichnet wird. Es wird unter anderem bei körperlicher Zuwendung – wie eben dem Kuscheln – ausgeschüttet und ist wichtig für den Bindungsaufbau als auch die weitere Stärkung eurer Bindung. Oxytocin verbessert ausserdem den Schlaf, reduziert Schmerz, Stress und Angst und fördert die Entwicklung des Gehirns.
 

7. Nimm die Gefühle deines Kindes ernst und schieb sie nicht weg.

„Stell dich nicht so an“, „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, „Du brauchst keine Angst zu haben“, „Alles gut“ – das sind alles bagatellisierende Sätze, die keiner braucht und die auch nicht helfen. Im Gegenteil: Wenn jemand ständig mit „alles gut“ reagiert, fühlt man sich mit seinen Emotionen nicht ernst genommen. Besser wäre es zum Beispiel offen zu fragen: „Ist alles okay?“ und Schmerz, Wut, Trauer und andere Emotionen anzunehmen. Für die Bindung ist es immens wichtig, dass Kinder sich verstanden und ernst genommen fühlen. Auch was das Thema „Trotzphase“ angeht – so sollte man es zum Beispiel auch gar nicht erst nennen. Es ist für die Kinder eben kein „grundloser Trotz“, sondern in ihrer Welt berechtigte Wut, die aufkommt, weil wir Erwachsenen vielleicht manchmal einfach zu schnell sind. Es ist nunmal frustrierend, dass wir vielleicht nicht direkt sehen, dass der Reißverschluss vom Schuh nur deshalb dieses mal nicht aufgemacht werden sollte, wie sonst doch immer, weil dein Kind unbedingt zeigen wollte, dass es das jetzt selber kann. Allgemein ist es einfach schwer zu verstehen, dass wir eben nicht alle Pläne, Ideen und Wünsche der Kinder hellsehen können – und mal ganz ehrlich, dass das nicht geht, finden wir doch selbst als Erwachsene zum Beispiel in der Partnerschaft ja manchmal noch frustrierend.
Eigentlich also völlig legitim, dass sich kleine Menschen, die erst seit 1,2,3,4,5 Jahren auf der Welt sind in solchen Momenten aufregen.

8. Lacht und singt und tanzt miteinander! 

Humor verbindet, lachen verbindet. Beim Tanzen schüttet der Körper Glückshormone aus und gemeinsame Glücksmomente verbinden ebenfalls. Singt ihr auch noch miteinander, dann schafft ihr damit einen ganzen Cocktail an Glückshormonen. Hier bietet sich auch ein Verbinden mit Tipp Nr. 7 an, wenn dein Kind mal Angst hat und du nicht weißt, was du sagen oder wie du helfen sollst. Wusstest du nämlich, dass du nicht gleichzeitig singen und Angst haben kannst? Während du singst, ist der Bereich im Gehirn geblockt, der Angst auslöst. Was für eine reine und schöne Form von Angstbewältigung, oder? Singen fördert zudem die Ausschüttung von Oxytocin, das in uns eine Art Geborgenheitsgefühl auslöst. Das Gute daran – ihr müsst dafür keine Mariah Carey sein, die positiven Effekte erzielt man auch ohne das mega Gesangstalent zu sein.
 

9. Geht auf Abenteuerreise und lernt Neues! 

Das muss nicht zwangsläufig die große Reise ans andere Ende der Welt sein. Es geht hier mehr um Entdeckungsreisen und die können auch im Garten, Park oder Wald stattfinden. Neues entdecken, lernen und daran wachsen – auch das verbindet. Der Stolz in den Augen deines Kindes und auch deinen eigenen, wenn es mit deiner Hilfe etwas neues lernt, auch das schweißt zusammen.
 

10. Entschuldige dich bei deinem Kind, wenn du einen Fehler gemacht hast.

Auch Erwachsene sind nicht unfehlbar – leider denken Kinder das meist schon. Wenn Mama oder Papa mich anschreien, dann wird das schon seine Richtigkeit haben und dann muss ich mein Verhalten anpassen, um ihnen besser zu gefallen. Wir wissen natürlich ganz genau, dass das nicht stimmt und auch wir Großen Fehler machen. Umso wichtiger ist es, dass wir das auch unseren Kindern gegenüber kommunizieren und uns bei ihnen entschuldigen, wenn wir zum Beispiel mal zu laut oder ungeduldig reagieren. Nur so können Kinder einordnen, was okay ist und was nicht und dass sie nicht „Schuld sind“, wenn auch Mama oder Papa mal Fehler machen. Ausserdem lernt es so, dass Fehler zum Leben gehören und dass jeder Mensch – egal ob klein oder groß – Respekt verdient hat.
All in all – habt euch lieb und haltet zusammen! Gerade in so schwierigen Zeiten wie jetzt kommt es um so mehr auf den Halt und die Geborgenheit und Liebe an, die wir uns gegenseitig geben können.
Maike Fröhlingsdorf
Maike lebt in Köln, ist freie Texterin und ist alleinerziehende Mama von Louis. Bevor sie Mama wurde, reiste sie viel durch die Welt und verfasste Texte zum Thema interkulturelle Kommunikation. Hier schreibt sie über das Mama sein, ihr Leben als Alleinerziehende und damit einhergehende Klischees und Vorurteile.

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